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Testbericht von  Klaus Dapper

Modellpflege beim Yanagisawa Altsaxophon A 900 µ

Der kleine Unterschied

Seit 1992 stellt der japanische Saxophonhersteller Yanagisawa nunmehr Alt- und Tenorsaxophone der 900er und die 990er Baureihen her. Das 900er hatte das alte Schülermodell  der 500er Reihe abgelöst, die 990er Modelle sind die Nachfolger der alten 880er  Profimodelle. Bereits nach drei Jahren wurde im Rahmen der Modellpflege bei den Alt- und Tenorsaxophonen eine Reihe von Details geändert. Dies nahmen wir zum Anlaß zu näherer Beschäftigung mit dem geänderten Modell. .Wegen des eklatanten Preisunterschieds und des vergleichsweise geringen Unterschieds an Ausstattung und Qualität zwischen der 900er und der 990er Serie fiel unser besonderes Interesse auf das preisgünstigere der beiden neuen Altsaxophone, das A900µ. Das Testinstrument hat die Seriennummer 193552.

Bild: Das bekannte Alto Yanagisawa A-900 ist in wichtigen Datails überarbeitet worden.

Zur Unterscheidung wurde allen neuen Modellnummern der griechische Buchstabe µ (<mü>) zugefügt. Das ungewohnte griechische Zeichen könnte durchaus zu Kommunikationsproblemen zwischen des Griechischen unkundigen Händlern und Interessenten führen. Glücklicherweise ist der griechische Buchstabe nicht weiter von Belang; seit einigen Monaten gibt es eben das neue A 900 anstelle des alten A 900. Ob man das neuste Modell oder nur das zweitneuste vor sich hat, ist an einer Reihe von Details zu sehen, die im Folgenden beschrieben werden.

Das 900y hat eine neue Schallbechergravur. Den Namenszug  des Herstellers findet man nicht mehr an der Vorderseite des Schallbechers. >Yanagisawa Japan <  und das Firmenlogo sind nun auf der Seite des Schallbechers eingeprägt, umrahmt von einer traditionellen Gravur. Am S-Bogen entfällt beim neusten  Modell die signalrote Farbe, die bislang in das Firmenlogo auf der Oktavklappe eingelassen war. Anhand dieser beiden auffälligen Änderungen dürfte das µ-Modell ohne Schwierigkeiten von seinem Vorgänger zu unterscheiden sein.

Die Perlmutteinlagen in den Griffteilen, die bei dem älteren 900er Modell flach waren , sind nun konkav  (einwärts gewölbt) und vermitteln damit denselben Griffkomfort wie das professionelle Modell. Das Griffteil für die Oktavklappe ist (bei allen neuen Alt- und Tenorsaxophonen) nicht mehr flach sondern leicht tropfenförmig gewölbt. Dies ermöglicht einen sehr bequemen Wechsel vom Daumenknopf zu der Oktavklappe in einer gleitenden Bewegung. Soweit die Unterschiede, die sich im Spielgefühl bemerkbar machen.

Details

Um die Übrigen Unterschiede aufzuspüren, muß man zweimal hinsehen. Die Achse der G-Klappe ist einen guten Zentimeter  kürzer geworden. Das Achsböckchen für die obere Befestigung war früher auf die Hülse aufgelötet, die der Aufnahme des S-Bogens dient. Es ist nun tiefer angeordnet und bildet eine Gruppe mit den Böckchen der übrigen langen Achsen. Das Achsböckchen am oberen Ende der Oktavmechanik sitzt nach wie vor auf der besagten Hülse, ist aber nicht mehr weich aufgelötet sondern hartgelötet. Die Spannvorrichtung für die Befestigung des S-Bogens ist massiver und stabiler geworden.

Durch diese drei Änderungen ist das Instrument in dem genannten Bereich robuster geworden, die Beschädigungsgefahr bei ruppigem Umgang ist weiter gesunken. Nebenbei sieht das neue Styling auch besser aus.

Bild: Das Achsböckchen am oberen Ende der Oktavmechanik ist jetzt >hart< angelötet

Letztes neues mechanisches Detail ist eine Verlegung des Anschlags der Hoch-e -Klappe. Dieser War bislang unten in der Nähe des Griffteils angeordnet, der Arm war schwungvoll über die Achse der Hoch-Fis-Klappe gerundet, um festen Halt zu finden. Nun ist er am oberen Ende positioniert. Meine Sorge, daß sich die Achse bei kräftigem Druck auf das Griffteil auf dem langen Weg bis zum Anschlag biegt oder verwindet, war unbegründet: die langen Achsen erwiesen sich als unerwartet hart und verwindungssteif.
 

Bild: Teilansicht des neuen A-900 µ: In der Oktavklappe ist die rote Farbe aus dem Firmenlogo verschwunden , die Spannmechanik ist stabiler geworden, die g-Klappe verkürzt.
 
 

Wie gehabt...

In allen Übrigen Bereichen ist es beim Alten geblieben: Das Saxophon ist in Goldlack ausgeführt. Die Filzanschläge für die Becherklappen sind in schwarze, mit dem Schraubenzieher verstellbare Plastikfassungen eingelassen. Es gibt die Üblichen Einstellschrauben für die fis-gis- und fis-b-Koppelung und für die H-Cis-Sperre am unteren Ende des Instruments. Letztere ist mit dem Modellwechsel 1992 bereits Überarbeitet worden.  Ebenfalls seit damals gibt es einen an drei Punkten befestigten Verbindungsring zwischen  Schallbecher und Hauptrohr und einen größeren Kleiderschutz. Überarbeitet wurden außerdem die >table keys<, die Klappengruppe für den linken kleinen Finger, Die tief-B-Klappe ist  kippbar gelagert.

Die 1991 vorgestellte »wavering-proof-Mechanik« ist seit 1992 bei allen Alt- und Tenorsaxophonen serienmäßig, Sie verhindert ein Nachfedern der fis-Klappe bei bestimmten Tonverbindungen (z.B, fis-gis-Triller}.  Die Achsböckchen sind einzeln auf den Konus montiert, anders als bei den 990er Instrumenten. An fünf Stellen werden Klappen von zweifach umgefalzten Messingstreifen getragen, seit vielen Jahren ein unverändertes Erkennungsmerkmal der Schülermodelle von Yanagisawa. Sie sind von zeitloser Häßlichkeit, haben sich aber anscheinend bewährt und helfen mit, den Preis in erträglichen Grenzen zu halten. Für Klappenanschläge und Klappenkoppelungen verwendet Yanagisawa neben Filz bei allen Modellen nach wie vor ausschließlich Preßkork. Die Polster sind mit braunen Kunststoffreflektoren versehen. Sie sind mit einer Imprägnierung versehen, die sie vor der Feuchtigkeit der Atemluft schützt, die aber beim Öffnen der Klappen leise Schmatzgeräusche verursacht.

Die Verarbeitung ist tadellos: Alle Lötungen sind sauber, die Lackierung ist einwandfrei, alle Polster decken perfekt, In dem gesamten Klappensystem waren weder Spiel noch toter Gang zu entdecken.

Spielbarkeit

Ähnlich verhält es sich mit den Spieleigenschaften. Das Yanagisawa A 900y liegt sehr gut in der Hand. Die Mechanik ist ausgewogen, die Klappen lassen sich mit wenig Kraft betätigen. Dies gilt nach der Überarbeitung auch für die Mechanik für den Iinken kleinen Finger, die früher noch  nicht optimal ausbalanciert waren. Einzige Ausnahme ist die tiefe C-Klappe, die leider viel fester gedrückt werden muß als bei den Modellreihen vor 1992.
Die Stimmung des Testinstruments ist sehr ausgeglichen. An  den typischen Problemzonen des Saxophons reagiert das A 900 angenehm unauffällig.  D l ist wie gewohnt etwas tief.  Die Töne d2 und a2, die oft unangenehm hoch sind, intonieren ebenso wie die Töne um d3 dankenswert niedrig. Eher muß e2 ein wenig  abgesenkt werden. Die Ansprache ist sehr leicht. Verarbeitung und Spieleigenschaften lassen beim Testen völlig vergessen, daß wir es mit dem preisgünstigeren Standardmodell zu tun haben.

Modellpolitik

Eine Bemerkung zur Modellpolitik bei Yanagisawa sei noch gestattet. Bei den meisten Herstellern ist der Unterschied zwischen der Profi-Serie und der darunter angeordneten Linie in der Regel ohne spürbare Auswirkung auf das Spielverhalten. Konus, Tonlochanordnung und 95% des Klappensystems sind identisch, Dies trifft zunächst auch bei dem Unterschied zwischen der 990er und 900er Serie zu. Das 990er Alt hat drei Perlmutteinlagen an Stellen, wo das 900er mit schlichten Metallhebeln auskommen muß. Zwei Klappen des 990er Alt haben einen doppelten Klappenarm (900er: einfach} und die Schraubeinsätze in den Klappenkörben sind aus Metall (900er: Kunststoff). Die SchaIlbechergravur des 990er Alt ist Üppiger und der Koffer luxuriöser ausgestattet. Es gibt allerdings einen Umstand, der nicht mit Kategorien wie besser/schlechter oder aufwendig/schlicht zu klassifizieren ist, sondern Einfluß auf die Spieleigenschaften hat. Die Achsböckchen für die in der mittleren Linie gelegenen Klappengruppen können einzeln auf die Schallröhre aufgelötet werden : diese Bauweise wird bei der 900er Serie verwendet. Oder sie werden auf Messingbändern vormontiert (hartgelötet}, und die Messingbänder werden dann auf die Schallröhre aufgelötet: diese Bauweise kommt bei der 990er Serie zur Anwendung. Die unterschiedliche Bauweise führt zu unterschiedlichem akustischen Verhalten. Mit den aufgelöteten Messingbändern wird eine größere Fläche der Schallröhre bedämpft als dies bei der Einzelmontage der Fall ist. Hieraus resultieren spürbare Unterschiede in Resonanz und Klang.  Vereinfacht gesagt fördert die Montage mit Bändern eher einen kernigen Klang, während die Einzelmontage eher einen runden Klang und leichte Ansprache begünstigt. Somit bietet Yanagisawa mit seinen beiden  Modellreihen nicht ein »besseres« und ein »schlichteres« Instrument an, sondern zwei Modellreihen mit etwas unterschiedlichen akustischen Eigenschaften. Dies erlaubt dem Musiker je nach seiner Vorliebe und  Klangvorstellung auszuwählen. Es ist durchaus denkbar, daß ein Teil der Saxophonisten das preisgünstigere 900er Instrument als das für Ihre Bedürfnisse bessere beurteilen. Auch die S-Bögen beider Modelle sind Übrigens unterschiedlich: Bei dem traditionell gestylten 900er Bogen und dem 990er Bogen mit hängender Oktavklappe sind Verstärkungen an unterschiedlichen Stellen des Bogens aufgelötet, was zu etwas unterschiedlichen akustischen Eigenschaften führt.

 Das A 900 Altsaxophon wird in einem schwarzen Koffer mit gerundeten Kanten geliefert. Er ist innen mit braunem Plüsch ausgekleidet und genau nach den Konturen des Instruments gearbeitet. Der Koffer hat drei  Schlösser, von denen das mittlere abschließbar ist, und einen zweiten Griff, mit dem er hochkant getragen werden kann. Außer dem üblichen Krimskrams-Fach verfügt der Case über zwei separate Fächer für S-Bogen und Mundstück. Weitere Zubehörteile sind ein Yanagisawa Kautschukmundstück Nr. 5 und ein breiter Tragegurt.

Erfreulich ist daß das »µ-update«, von dem alle Alt- und Tenorsaxophone betroffen sind, bei keinem Modell mit einer Preiserhöhung verbunden war. Nachdem die Yanagisawa Saxophone in den letzten Jahren kräftige Preissprünge zu verzeichnen hatten, ist der Preis nun stabil geblieben. Das A 900µ kostet nach der unverbindlichen Preisempfehlung der deutschen Vertriebsfirma 3298,- DM.

Klaus Dapper 
 

 
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Erstveröffentlichung im Praxismagazin für Bands & Entertainer  " live - MUSIC - artist ".


 
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