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 Saxophonbau in Deutschland von  Klaus Dapper:
 
das Saxophon  ,  Teil 3 / September .1997
 60 Jahre dauerte es von der Erfindung des Saxophons bis zum Bau eines ersten deutschen Saxophons. Erster deutscher Hersteller war im Jahre 1901 die Firma Oscar Adler in Markneukirchen. Vorbild war ein "Musterinstrument" des französischen Herstellers Gautrot-Marquet aus dem örtlichen Gewerbemuseum. 1904 gab es bereits eine Saxophonfamilie von Sopran bis Bariton, bis 1930 waren Sopranino und Baß und  Instrumente in C-Stimmung dazugekommen. Eine Reihe weiterer Hersteller begannen  im "Musikwinkel" (Markneukirchen und Umgebung) mit dem Saxophonbau, unter anderen Firmen wie G. Hüller (seit 1921), F- Köhler (seit 1931), Gebr. Mönnig (seit 1928), E. Schuster (ab1937), E.Hess (seit1936).

Nach dem zweiten Weltkrieg und Gründung der DDR wurde das Betreiben von selbständigen Handwerksbetrieben aus politischen Gründen systematisch erschwert. Ein Teil der Hersteller stellte die Produktion freiwillig oder unfreiwillig ein. Bis Anfang der 70er Jahre wurden verschiedene Hersteller im Kombinat „VEB Blas- und Signalinstrumente" (B&S) zusammengefaßt. Die damals unter den Namen  „Weltklang", "B&S", „Sonora" , "Bandmaster' und „Buddy Henderson" auf den Markt kommenden Saxophone gehörten nicht mehr zur Spitzenklasse. Nach der Wende wurde die "VEB Blas- und Signalinstrumente" aufgelöst, die Produktionsbereiche  wurden entflochten. Nachfolger der VEB für den Bereich Saxophonbau wurde 1990 die

Vogtländische Musikinstrumentenfabrik GmbH.

Nach 1990 erfolgte bei diesem Hersteller eine stürmische Entwicklung, um mit den Saxophonen wieder in den Bereich  der Spitzeninstrumente vorzustoßen. Einen für das Image des Herstellers wichtiger Schritt ist die Zusammenarbeit mit dem  amerikanischen Mundstückhersteller Dave Guardala, der 1992 ein modifiziertes B&S Saxophon als "Guardala-Modell" auf den amerikanischen Markt brachte.

Heute sind unter dem Markennamen "B&S" zwei verschiedene Modellreihen im Angebot, allerdings in einer beinahe unüberschaubaren Fülle von Sonderausführungen.

Die preisgünstigen Baureihe ist die "Serie 1000", lieferbar von Sopran bis Bariton. Sie liegt in einer überarbeiteten Form vor mit Tief-B-Wippe und abschraubbarem Schallstück (Alt bis Bariton). Alle Instrumente sind in Klarlack, Goldlack und versilbert lieferbar.

Der unverbindliche Richtpreis für das Altsax in Goldlack beträgt 2.308,-DM (StandJanuar'97). Die professionelle Baureihe der Serie "2001" (Alt bis Bariton) hat darüber hinaus eine Klemmverschraubung mit Dichtring, einen stabilen Drei-Punkt-Verbindungsring zwischen Hauptrohr und Schallstück und eine neu gestaltete Hoch-Fis-Klappe.

Die Instrumente sind in folgenden Ausführungen lieferbar: Goldlackiert, schwarz vernickelt mit goldlackierten Klappen, versilbert, vergoldet, mit Goldmessingkorpus (!) und in drei verschiedenen Sterlingsilber-Ausführungen. Als Extra-Features ist eine KIappenvergoldung, echte Perlmutteinlagen und höhenverstellbare Klappen für hoch-d, -es und -f gegen Aufpreis erhältlich. Neuste Entwicklung: das "Brass Brut Finish"; die Messingoberfläche wird vor der Lackierung sandgestrahlt und erhält dadurch eine Mattglanz-0berfläche.

Die Preisempfehlung für das 2001er Goldlack-Altsax liegt bei 3203,- DM.

Neben den eigenen Modellen sind auch die "Dave Guardala"-Modelle sind in Deutschland erhältlich. Sie werden nicht mehr - wie in den ersten Jahren - aus Amerika reimportiert, sondern können direkt über B & S bezogen werden. Sie haben unter anderem umbördelte Tonlöcher (rolled tone holes) und sind in den Größen Alt bis Bariton erhältlich. Das lackierte Alt wird mit 4952,-DM angegeben.

Dieses Jahr ist eine weitere Serie "Dave Guardala - New York" (nur Alt und Tenor) ins Programm genommen worden, das sich  durch weitere Glühvorgänge bei der Herstellung der Schallröhre unterscheidet. Hierdurch wird der Sound des Instruments beeinflußt. Dazu kommt eine außergewöhnliche Gravur, die sich über das ganze Instrument erstreckt und Ansichten aus New York zeigt. Die Instrumente der "New York"-Serie sind nicht in Goldlack erhältlich; das preisgünstigste Alt (schwarz vernickelt mit versilberten Klappen) wird mit 6.712,-DM angegeben.
 
Für Alt- und Tenorsaxophone sind 7 (!) verschiedene S-Bögen als Zubehör erhältlich.
Im Erprobungsstadium ist derzeit das „Codera"-Modell, bei
dem die Klappendeckel durch polsterlose sogenannte „Resoblades" - federnd gelagerte Scheiben mit eingelassenem Dichtring ersetzt wurden.
 
Julius Keilwerth
 
Die Firma Julius Keilwerth wurde im Jahre  1925 in Graslitz (Tschechoslowakei, heute: tschechische Republik) gegründet, nachdem Julius Keilwerth bereits seit 1920 für die deutsche Firma O. Adler in Heimarbeit im  Saxophonbau tätig war. Die Keilwerth Saxophone waren bald sehr gefragt, so daß bereits 1930 ein Fabrikneubau errichtet wurde, der trotz Wirtschaftskrise später noch erweitert wurde. Nachdem 1938 die deutsch besiedelten Randgebiete Böhmens - und mit  ihnen Graslitz - durch das Münchner Abkommen an Deutschland angegliedert  worden waren, avancierte die Firma Julius  Keilwerth mit 150 Arbeitern zum größten deutschen Saxophonhersteller. Im Mai 1945 - Graslitz war wieder tschechisch und hieß  Kraslice - wurde die Firma enteignet. Unter dem tschechischen Firmenkombinat „Amati" wurden danach alle Saxophone - auch die der früheren Konkurrenten - in den alten Keilwerth-Werkstätten weitergebaut. Die alte  Firmenleitung und ein Teil der deutschstämmigen Arbeiter fanden sich nach ihrer Vertreibung in Nauheim wieder zu einem Neubeginn zusammen. Zunächst wurde unter provisorischen Verhältnissen mit Reparaturen angefangen, 1949 wurde in neuen Werkstätten wieder mit dem Saxophonbau begonnen. Eine Zeit lang wurden von Julius Keilwerth/Nauheim und Amati/Graslitz noch dieselben alten Modellnamen (z.B. „Toneking") verwendet. Nach einem für Keilwerth erfolgreichen Prozeß vor dem Europäischen Gerichtshof waren die Verhältnisse endlich geklärt. Mit der Zeit entstanden sogar wieder gute Geschäftsbeziehungen, die sich heute durch Zulieferung von Halbfertig-Teilen für Schülermodelle äußern.

Der Lieferumfang der Keilwerth Saxophone erstreckt sich heute auf die Saxophonfamilie vom Sopran- bis zum seltenen Bass-Saxophon. Letzteres ist das jüngste Familienmitglied und wird seit etwa 1970 bis heute gebaut. Sondermodelle sind weiter ein gerades Altsaxophon, das sich in Amerika einer gewissen Beliebtheit erfreut, und ein auf der Frankfurter Messe 1994 vorgestelltes, auf der Welt einmaliges gerades  Tenorsaxophon, das in den Preislisten nicht erwähnt und nur auf Bestellung angefertigt wird.

Von den 60er bis in die80erJahre gingen die Jahresstückzahlen trotz unbestritten hoher  Qualität langsam aber kontinuierlich zurück. 1989 wurde Keilwerth von der Firmengruppe Boosey & Hawkes übernommen. Aufgrund der deutlich besseren Vertriebsbedingungen durch die Einbettung in einen multinationalen Weltkonzern geht es seitdem wieder deutlich aufwärts.

Julius Keilwerth hat vier verschiedene Baureihen von Saxophonen im Programm. Die preisgünstigste Reihe ist die Reihe ST 90 (früher: "Student"), die seit 1995 in der dritten, verbesserten Generation vorliegt:  Der vollständige Modellname ist "ST90 Serie III". Diese Modellreihe, die ein Produkt der Zusammenarbeit von Keilwerth mit der tschechischen Firma Amati ist, umfaßt die  Baugrößen Sopran, Alt und Tenor. Obwohl die Baureihe sich mehr an Schüler richtet, handelt es sich um optisch und technisch komplett ausgestattete Instrumente: Tonumfang bis hoch fis, Wippe für die tief-B-Klappe, professionelle Polster,
abschraubbares Bogenteil,
2-Komponenten-Epoxyd-Lackierung. Das Sopransaxophon ist zweiteilig gebaut und hat einem geraden und einem gebogenen Hals. Das Altsaxophon kostet laut unverbindlicher Preisempfehlung 2260,-DM.

Die nächste Baureihe ist die Reihe "EX 90", die 1988 die Reihe „Toneking" ersetzte. Sie ist die preisgünstigste ausschließlich in  Nauheim hergestellte Reihe. Auch sie ist bereits in der 2. Generation - als Serie II -  verfügbar. Diese Reihe verfügt über einen stufenlos seitlich und in der Höhe verstellbaren Daumenhaken aus Metall. Die Fingerauflagen (einschließlich hoch-fis) aus Perlmuttimitation sind großflächig, abgerundet und ohne Metallrand, eine spezielle Entwicklung des Hauses Keilwerth. Bereits für diese Serie gibt es unterschiedliche Finishes: entweder komplett goldlackiert oder mit schwarz vernickeltem Korpus mit  Klarlack-Überzug. Von der Reihe "EX90 SerieII" sind Altsaxophone und Tenorsaxophone lieferbar. Das Altsaxophon in Goldlackausführung kostet 3316,-DM

Preislich darüber angesiedelt ist die Serie „SX 90". In dieser Reihe werden sämtliche verfügbaren Baugrößen angeboten: Von ihr sind Sopran, Alt, Tenor, Bariton und Bass lieferbar. Das Keilwerth Bariton wird  normalerweise mit langem Schallstück (bis tief-a) gebaut; als Sonderausführung hat Keilwerth als einer der ganz wenigen renommierten Hersteller auch noch das kurze Schallstück (bis tief-b) im Programm. Beide Baritonsaxophone verfügen über eine hoch-fis-Klappe. Im Gegensatz zu der EX90-Serie sind die Fingerauflagen aus echtem Perlmutt. Darüber hinaus sind die Griffteile für die hoch-d-, hoch-dis- und hoch-f-Klappe in der Höhe verstellbar, so daß sie auf kleine  und große Hände optimal angepaßt werden können. Schließlich gibt es einen gis-Heber: eine Spezialmechanik, die auch bei Festkleben der gis-Klappe ein sicheres Öffnen gewährleistet. Die beide letztgenannten Features sind eigene Entwicklungen des Hauses Keilwerth. Die höhenverstellbaren Seitenklappen wurden kürzlich von B & S „abgekupfert", den gis-Heber findet man sonst weltweit auf keinem anderen Saxophon. In den letzten Jahren hat Keilwerth eine kaum überbietbare Fülle von Sonderausführungen für die SX90-Reihe ins Programm genommen, damit sämtliche denkbare Ansprache- und Klangvorstellungen erfüllt werden können: Außer der normalen Goldlackausführung (1.) gibt es folgende Optionen : 2. Korpus schwarz vernickelt und klarlackiert. 3. Korpus vernickelt und goldlackiert. 4. Korpus vernickelt und klarlackiert. 5. Korpus komplett aus Sterling Silber, klarlackiert (nur Alt und Tenor) 6. S-Bogen und Schallbecher aus sterling Silber, klarlackiert (nur Alt und Tenor), 7. S-Bogen und Schallbecher aus Kupfer, klarlackiert (Alt, Tenor und Bariton), 8.Korpus und Klappen versilbert, 9. Korpus und Klappen vergoldet. Das SX 90 Alt in Goldlackausführung liegt bei 4737,-DM.
 
Die edelste und teuerste Baureihe ist die Reihe „SX 90 R". R steht für „rolled tone holes". Als einziger Hersteller weltweit hat Keilwerth nach wie vor Instrumente mit „umbördelten" Tonlöchern im Programm. Diese Bauweise, die in den 30er Jahren allgemein üblich war, wurde aus Gründen der einfacheren Herstellung nach und nach von fast allen Herstellern aufgegeben. Peter Ponzol, früher jahrelanger Berater und  Mitarbeiter der Firma Keilwerth, setzte sich sehr für diese Bauweise ein. Er schwört darauf, daß die Bördelringe der Tonlöcher nicht nur einen besseren Polstersitz gewährleisten, sondern auch einen positiven Einfiuß auf den Sound haben. Das Modell SX 90 R, das darüber hinaus noch über eine zweite F-Klappen-Verbindung verfügt, ist der direkte Nachfolger des bis 1993 gebauten Modell "Peter Ponzol". Es ist als Alt, Tenor und in der Sonderausführung "gerades Alt" lieferbar. Es ist in den selben neun Varianten lieferbar wie das SX 90 (siehe oben). In Goldlackausführung hat es eine unverbindlichen Listenpreis von 5561,-DM. Sämtliche Preisangaben beinhalten das Instrument komplett mit Etui und Zubehör, Stand August'97.
 
Saxophon-Bau  eingestellt
 
Zwei weitere deutsche Hersteller haben in die Nachkriegszeit mit dem Bau von Saxophonen begonnen, haben die Produktion aber vor etlichen Jahren wieder eingestellt: Dies war zunächst die Firma Matth.  Hohner in Trossingen, die von 1948 bis1967 Altsaxophone und Tenorsaxophone unter dem Markennamen „Hohner President"  herstellte. Des weiteren wurde bei der Firma K. Hammerschmidt, die nach dem Krieg von Schönbach / Egerland nach Burgau / Schwaben umsiedelte, von 1954 bis 1979 Alt- und Tenorsaxophone unter der Marke „Klingsor" gebaut.
                                                                                                         Klaus Dapper
 

 

Übersicht Testberichte
 

 
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Erstveröffentlichung im Praxismagazin für Bands & Entertainer  " live - MUSIC - artist ".


 
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