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Testbericht von  Klaus Dapper  ,     Dezember.1996
 
Zubehör für Saxophone von Peter Ponzol

Auch heute noch spielt ein großer Teil der Profi-Saxophonisten (oder besitzt zumindest) Saxophone der legendären Mark-6-Serie von Selmer Paris. Für diese von 1954 bis 1973 gebauten Instrumente gab es bis vor einigen Jahren noch Original-Ersatzteile. Sie werden seit einiger Zeit nicht mehr hergestellt und verschwinden langsam vom Markt. Auch bei einer so legendären Baureihe gibt es unterdurchschnittliche Instrumente, die hinsichtlich Ansprache, Klang und Stimmung die hochgestellten  Erwartungen enttäuschen.
In solchen Fällen haben findige Saxophonisten mit dem Nachkauf eines neuen Selmer-Bogens oder eines anderen passenden Bogens (z.B. Yanagisawa) ihr Instrument zum Teil erheblich aufgewertet. Ähnlich wie das Kopfstück bei einer Querflöte hat der S-Bogen einen ganz entscheidenden Einfluß auf das Spielverhalten eines Saxophons, so daß mit dem Austausch des Bogens die Eigenschaften des Instruments zum Teil dramatisch verbessert werden können. Leider ist die Verwendung eines anderen Bogens bei Saxophonen nicht so unkopliziert wie bei Querflöten. Kompatibilität ist nur bei einem Teil der Fabrikate gegeben: Länge des Bogens und Durchmesser der Steckverbindung differieren bei den verschiedenen Herstellern zum Teil erheblich.

Diesem kleinen aber hochkarätigen Markt hat sich nun der amerikanische Hersteller Peter Ponzol gewidmet. Er hat eine Kleinserie von Bögen für Selmer Alt- und Tenorsaxophone aufgelegt. Sie passen auf die Modelle Balanced Action bis Mk 6 (Tenor) bzw. auf alle Modelle (Alt). Es handelt sich nicht um nachgebaute Selmer-Bögen, sondern um ein eigenes Design. Während etwar zehnjähriger beratender Tätigkeit für verschiedene Saxo-
phonhersteller (Buffet-Crampon, J. Keilwerth, neuerdings Borgani) konnte Peter Erfahrungen mit verschiedenen Konzepten der Bogenherstellung sammeln. Die meisten Hersteller formen die S-Bögen heute hydraulisch: Ein Stück nahtloses Rohr wird in einer Form hydraulisch "aufgeblasen" und erhält so seine endgültige Form. Dies bedeutet, daß der Bogen an der Mundstückseite, an der er kaum verformt wird, relativ dickwandig ist. Am
anderen Ende, an dem er etwa auf den doppelten Durchmesser geweitet wird, ist er deutlich dünnwandiger. Peter's Bogen ist hergestellt, wie dies in "guten alten Zeiten" gemacht wurde: Der Bogen wird aus einem Trapez-fömigen Stück Messingblech gemacht, das rund gebogen und an den Rändern zusammengelötet wird. Peter schwört auf diese  Herstellung- sart, da der Bogen so an jeder Stelle die gleiche Wandstärke hat. Der Bogen ist normalerweise vergoldet, auf besonderen Wunsch aber auch versilbert zu haben. Die vergoldete Version paßt farblich gut zu den Goldlack-Instrumenten: die Vergoldung bringt einen etwas satteren Goldton als die lackierten Instrumente.

In einem Vorgespräch äußerte Peter, es sei nicht so einfach möglich, einen Standard-Bogen gegen seine Bögen auszutauschen. Ab Werk seien bei Selmer Bögen Unterschiede von bis zu fünf Zehntel Milimeter im Durchmesser der Hülsen ("Zapfen") zu beobachten.

Dazu kommen bei älteren Instrumenten weitere Toleranzen durch  unter- schiedliche Abnutzung der Halsaufnahme. Peter hat jeden Bogen in verschiedenen Durchmesser am Lager, so daß Kunden, die ihn persönlich aufsuchen, leicht ihre Auswahl treffen können. Für unseren Test wurde so verfahren: Ein Bogen, der in das Testinstrument genau paßte, wurde
mit einer Mikrometerschraube genau vermessen (Eine Präzisions- Schieblehre mit Digitalanzeige reicht auch); nach diesen Angaben suchte Peter für den Test einen Tenor- und einen Altbogen aus.

Schließlich zum Spieltest: Beim Altsax wurde neben zwei Mk-6 Bögen noch ein (ebenfall zu Selmer Saxophonen passender) Yanagisawa Bogen zum Vergleich herangezogen. Bei dem Vergleich war sehr deutlich zu spüren, welch unterschiedliche Ergebnisse auf dem selben Instrument mit  ver- schiedenen Bögen zu erzielen ist. Im Verhältnis zu den Selmer-Bögen, die einen nicht besonders lauten, zentrierten Ton erzeugen, ist der Bogen von
Peter ein echter "Donnerbogen". Bei geringerem Kraftaufwand erzielt er eine höhere Lautstärke, hat mehr Brillanz, ohne spitz zu klingen. Er ist eine hochinteressante Alternative für Musiker die mit ihrem Selmer-Horn nicht hundertprozentig zufrieden sind. Allerdings muß man sich auch ein wenig umstellen: das Selmer Alt intoniert mit diesem Bogen ein wenig anders als mit dem Original. Ich habe den Eindruck, daß die kurzen Töne (Hoch-d
und darüber) höher intonieren als mit dem Originalbogen. Ob dies gut ist oder schlecht, richtet sich wiederum nach dem Ansatz des Spielers und der verwenderten Mundstück-Blatt-Kombination.

Ähnliches ist über den Tenor-Bogen zu sagen. Es scheint allerdings, daß der Tenorbogen den Originalbögen ähnlicher ist, und daß Auffälligkeiten hinsichtlich der Intonation hier gegenüber dem Original nicht bestehen. Während der Autor beim Altsaxophon mit dem Originalbogen  stimmungs- mäßig besser zurechtkommt, ist dies bei den Tenorbögen eher umgekehrt.

Wer sich einen Ponzol-Bogen selbst ansehen will, muß ein wenig findig sein. Da es keinen deutschen Vertrieb gibt, muß man entweder einen der wenigen Spezialhändler aufsuchen, die im Saxophonbereich "alles haben", oder sich direkt an Peter Ponzol, P.O.Box 17838, Plantation, Florida 33318 USA wenden. Der Altbogen kostet ebenso wie der Tenorbogen in den USA 400 US $. Die Bögen werden in einer Lederhülle mit Klettverschluß geliefert. In dieser Hülle ist der Bogen gut geschützt, wenn er beim Transport im Gig-
Bag in dem Schallbecher des Saxophons transportiert wird.

                                          Klaus Dapper

 
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Erstveröffentlichung im Praxismagazin für Bands & Entertainer  " live - MUSIC - artist ".


 
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