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Erfinder und Frühgeschichte des Saxophonbaus von  Klaus Dapper:
 
das Saxophon  ,  Teil 1 / Juli .1997
 
In einer mehrteiligen Serie wird live MUSIC artist-Holzblasinstrumentenspezialist Klaus Dapper zum Thema Saxophon das aktuelle Marktangebot beleuchten  - von Highend-Instrumenten über Spezialtypen bis hin zu preisgünstigen Modellen -,  er wird Trends aufzeigen und er wird ein paar Zeilen zur Geschichte verlieren. Und damit geht es heute los.
Der "Vater des Saxophons" ist der1814 in  Dinant an der Maas (Belgien)  geborene Klarinettist, Flötist und Instrumentenbauer Adolphe Sax.  In der Werkstatt seines Vaters Charles Sax, der selbst ein anerkannter Instrumentenbauer war, erlernte er von früher Jugend an sein Handwerk. Als kleines Kind schaute er zu, als großes Kind half er seinem Vater, als junger Mann baute er - nach dem Umzug der Werkstatt  nach Brüssel - selbst Instrumente und beschäftigte sich mit Forschung und Weiterentwicklung.  Er erlebte dort die Zeit, in der die ersten Blechblasinstrumente mit Ventilen ausgestattet wurden (um 1830).  Die Weiterentwicklung des alten Flügelhorns (englisch und französisch: "bugle")   und Verbesserung an der Mensur führte zu der Entwicklung einer  neunköpfigen (!) Instrumentenfamilie von Sopran- bis zu Kontrabassinstrumenten, von ihrem Hersteller "Saxhörner"' genannt und im Jahre 1845 zum Patent angemeldet. Wegen der Ähnlichkeit der Bassinstrumente dieser Familie mit denen der Berliner Hersteller Moritz und Wieprecht gab es später jahrelange Streitigkeiten, wer der eigentliche Erfinder der größeren Blechblasinsrtrumente wie Tenorhorn und Basstuba sei, und wessen Instrumente die besseren seien.

Daneben arbeiteten Vater Sax und Sohn bereits an der Entwicklung einer betriebssicheren Bassklarinette.
Erste unbefriedigende Versuche gab es schon seit etwa 1800 von verschiedenen Herstellern. 1938 entstand in den Brüsseler Werkstätten von Sax eine Bassklarinette, die den Anspruch erhob, das seinerzeit beste Instrument zu sein. Diesen Ruf hatte wenige Jahre früher eine Bassklarinette von Buffet (Paris) erworben. Schon damals erwies Sich der 24jährige Adolphe Sax als Kämpfernatur. In den folgenden Jahren gelang es Sax mehrmals,  namhafte Klarinetten- Solisten zu einem musikalischen Wettstreit herauszufordern, in dem er höchstpersönlich die Überlegenheit der Sax'schen Bassklarinette über das Buffet-Modell unter Beweis stellen konnte.  Auf diese Weise gelang es ihm, sein Modell in den großen Orchestern durchzusetzen.

Die meisten Instrumente aus seiner Fertigung gerieten später in Vergessenheit,  wurden von der Entwicklung anderer Hersteller eines Tages überholt oder werden heute nicht mehr mit dem Namen Sax in Verbindung gebracht. Unsterblich wurde sein Name durch eine andere Erfindung: dem Saxophon. Das genaue Datum für den Bau des ersten Saxophons ist ungeklärt. Erstes Zeugnis seiner Existenz ist ein von dem Komponisten Hector Berlioz verfaßter Zeitungsartikel aus dem Jahre 1842, in dem er Klang und Bauweise des Saxophons beschrieb, auf dem Sax ihm vorgespielt hat. Andere Wissenschaftler wollen das Geburtsjahr des Saxophons bis 1840 vorverlegt wissen. Über wiegend geht man aber von 1842 als Geburtsjahr des Instruments aus. Etwa zu dieser Zeit übersiedelte Sax übrigens von Belgien nach Paris, um dort eine eigene lnstrumentenfabrik zu gründen. Zwischen 1990 und 1992, je nach  Geschichtsauslegung, wurde das150ste Jubiläum des Saxophons weltweit in vielen Veranstaltungen gefeiert. Unter anderem gab es in Sax` Geburtsort Dinant 1992 ein Jubiläumskonzert mit einem aus mehreren hundert Saxophonisten aus der ganzen Welt  zusammengestellten riesigem Saxophonorchester.
 
Hintergrund für die Erfindung war dasFehlen gut klingender Holzblasinstrumente der tiefen Lage für Freiluftmusik und Militärkapellen. Die heute nicht mehr gebräuchliche Ophikleide war zu rauh im Ton und das Fagott zu leise. Adolphe Sax führte dann auch in seinen Patentanträgen von 1846 für die Saxophone an: "Befremdet von diesen Unzulänglichkeiten habe ich das Mittel zur Abhilfe darin gesucht, ein Instrument zu erschaffen, das im Charakter seiner Stimme den Streichinstrumenten nahekommt, aber mehr Kraft und Intensität besitzt als diese."

In der Patentschrift von 1846 wurde eine Saxophonfamilie aus acht Mitgliedern angekündigt. Von den abgebildeten Instrumenten waren nur zwei mit einem Klappensystem versehen : ein Baritonsaxophon in einer ungefähr dem modernen Instrument entsprechenden  Bauform, und ein Bass, der allerdings keine Ähnlichkeit mit dem modernen Basssaxophon hatte, sondern wie eine Ophikleide (mit weit nach oben gerichtetem Schallstück) aussah. Dieses war wahrscheinlich das Instrument, auf dem Sax Hector Berlioz vorgespielt hat. Von den anderen Baugrößen existierten zu dieser Zeit lediglich Zeichnungen der Schallröhre; in den meisten Fällen in einer von der typischen Saxophonbauweise noch erheblich abweichenden Form. Die entsprechenden Instrumente wurden höchstwahrscheinlich erst in den darauffolgenden Jahren gebaut. Bisauf das größte Instrument der Patentschrift, einem Subkontrabass-Saxophon, das nie gebaut wurde, gibt es alle Größen bis auf den heutigen Tag: Sopranino, Sopran, Alt, Tenor, Bariton, Bass, Kontrabass.
 

 
Während die zeitgenössischen Komponisten wie Berlioz, Kastner, Donizetti, und Rossini von den Saxschen Instrumenten so begeistert waren, dass sie sie sofort in ihren Werken vorsahen, gab es seitens der Orchestermusiker zum Teil heftigen Widerstand, da sie keine Lust hatten, umzulernen oder gänzlich neue Instrumente zu erlernen. Anfangs musste Sax oft genug entsprechende Passagen in den Orchestern selber spielen,  weil sich kein anderer Musiker dazu bereitfand.

1845 spielte Sax auf seinen Instrumenten vor der königlichen Familie und empfahl die Aufnahme seiner Instrumente in die Militärorchester. Darauf  wurde ein öffentlicher Wettstreit zwischen einer herkömmlich besetzten Militärkapelle und einer mit Sax-Instrumenten - darunter zwei Saxophonen- ausgestatteten Kapelle angeordnet. Er fand auf dem Marsfeld statt, dem Platz, auf dem heute der Eiffelturm steht. Der Wettbewerb fiel zu Sax'  Gunsten aus, worauf den Militärkapellen die Anschaffung und das Erlernen der Sax'schen Instrumente befohlen wurde. Seitdem hat das Saxophon einen festen  Platz in der Militärmusik.
 
Bild: Ein Tenorsaxophon aus dem Jahre 1858

 
Von 1857 bis 1871 war Adolphe Sax Lehrer in der neu eingerichteten Saxophonklasse des Pariser Konservato- riums. Adolphe Sax war übrigens sehr vielseitig: neben der Entwicklung seiner Blasinstrumenten erfand er eine Dampforgel, ein mit nur einer Schraube zu stimmendes Klavier, aber auch medizinische Apparate, Eisenbahnsignale und eine Kanone, die für die Bombardierung von Sewastopol während des Krimkrieges vorgesehen war.

Geschäftlich erlebte Sax große Erfolge, immer wieder abgelöst durch schwere Mißerfolge. Mit seiner Instrumentenfabrikation mußte er dreimal Konkurs anmelden; er verbrauchte viel Kraft und Geld in Prozessen, in denen ihm anderer Hersteller seine Patente streitig machen wollten. Er starb völlig verarmt im Jahre1894.

Sein Sohn, ebenfalls mit dem Vornamen Adolphe, führte das Geschäft seines Vaters weiter, bis es im Jahre 1928 an die Firma Selmer veräußert wurde.

Frühgeschichte des Saxophonbaus

Die Eintragung des Patents für die Saxophone hatte wie damals in Frankreich üblich eine Wirksamkeit von 15 Jahren. Dies verschaffte Sax einen zeitlichen Vorsprung in dem er alleine oder seine Lizenznehmer Saxophone bauen durften. Diesen Patentschutz konnte er noch einmal um 5 Jahre verlängern. Nach Ablauf des Schutzes im Jahre  1866 wurde die Erlaubnis zum Bau von Saxophonen Allgemeingut. Sofort begannen andere französische Hersteller wie Buffet, Goumas, Evette & Schaeffer, Cuesnon und Gautrot mit dem  Saxophonbau.

Ebenfalls in den 60erJahren des vergangenen Jahrhunderts wurden die ersten italienischen Saxophone von der Firma Maino gebaut, die später von 0rsi übernommen wurde.

Die ersten amerikanischen Saxophone wurden in der Firma Conn im Jahre 1888 gebaut. Auf das gleiche Jahr beruft sich die Firma FA.Buescher. Dies dürfte in direktem Zusammenhang stehen, da Ferdinand August Bue-scher als Vorarbeiter bei Conn gearbeitet hatte, bevor er sich 1894 selbständig machte. Der deutsche Saxophonbau begann im Jahre 1901 bei der Firma Oskar Adler (Markneukirchen), im deutschsprachigen Böhmen bereits im Jahre 1900 durch die Firma V.Kohlert in Graslitz.

Die frühen Saxophone bis Ende des vergangenen Jahrhunderts haben im Grundsatz das selbe Klappensystem wie heute. Folgende Verbesserungen und Veränderungen wurden nach und nach angebracht:

Die beiden getrennten 0ktavklappen wurden durch eine automatische Oktavklappe ersetzt (um1900).
Der Tonumfang wurde um einen Halbton nach unten zum tiefen B erweitert (um 1900).
Bei den frühen Saxophonen gab es für jeden Ton nur eine Griffmöglichkeit. Weitere Klappen wurden angebracht, um schwierige Griffverbindungen zu erleichtern. (ab 1870). Vor allem in den 30er Jahren uferte diese  Entwicklung in einer Fülle von Triller- und Zusatzklappen aus. In den 40er Jahren wurde dies wieder auf das Klappenwerk reduziert, wie es auch heute üblich ist.

Die Griffteile in der mittleren Linie erhielten Perlmuttknöpfe als Einlagen (um 1920).

Zum Zweck eines preisgünstigen Korrisionsschutzes begann man die Saxophone zu lackieren (ab1930).

Erweiterung des Tonumfangs bis hoch-fis, beim Bariton bis tief a (ab1950).

Spätere Veränderungen dienen häufig der Fingerfreundlichkeit und Leichtigkeit des Klappengangs.
Unsichtbare Veränderungen gibt es hinsichtlich der Akustik: Bis in die heutige Zeit (!) laborieren Hersteller an der Intonation der Saxophone. Außerdem wurde seit der Blütezeit der Big Bands (ab 1930) ein   lauteres, strahlenderes Saxophon erwünscht, das sich akustisch besser gegen Blechblasinstrumente behaupten kann. Dies erreichten die Hersteller zum Teil durch eine Veränderung des Konus.

                                                                                        Klaus Dapper
 
Die gesamte Saxophonfamilie wird derzeit nur von Selmer Paris hergestellt: Sopranino, Alt, Tenor, Bariton, Bass.
  
 
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Erstveröffentlichung im Praxismagazin für Bands & Entertainer  " live - MUSIC - artist ".


 
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