Übersicht Testberichte                                                                                            Autor 
 
Die Frankfurter Musikmesse `99 für Saxophonisten
von  Klaus Dapper
 

Zunächst ein Nachruf: Ein traditionsreicher Name im Bereich Saxophonbau / Querflöten ist erloschen: Der italienische Hersteller Ida Maria Grassi, der letztes Jahr noch auf der Messe zu sehen war, hat seinen Betrieb eingestellt. Grassi Querflöten waren bis zur Eroberung des europäischen Markts durch die japanischen Hersteller ein klangvoller Name im Bereich der  Schüler - Querflöten. Grassi Saxophone - das Lieferprogramm umfaßte Sopran bis Baritoninstrumente - galten früher als die besten der in Italien gebauten.

Borgani

Die Firma Orfeo Borgani war in den sechziger und siebziger Jahren mehr für Saxophone im unteren Preis- und Qualitätssegment bekannt. Seit einem Generationswechsel in der Fimenleitung vor etwa 10 Jahren hat sich die Qualität der Borgani-Instrumente deutlich verbessert. Derzeit wird Borgani durch einen der namhaftesten Jazz - Saxophonisten beraten: Der amerikanische Tenorist Joe Lovano spielt seit neustem Borgani Saxophone und ist als Berater für weitere Verbesserung der Spieleigenschaften verantwortlich.

Auf der Messe wurde ein ungewöhnliches Sopransaxophon mit austausch- barem Schallbecher präsentiert. Eine Schraubverbindung ähnlich der Verbindung beim Waldhornschallstück ermöglicht den Austausch; mit einem anderem Schallstück läßt sich in ähnlicher Weise der Klang modifizieren wie bei anderen Sopranmodellen mit dem Austausch des Bogens. Auch Austausch-S-Bögen mit aufgelöteten Metallstreifen (zur Erhöhung der Masse) waren - zunächst für Tenorsaxophone - ausgestellt.

Expression

Bei den Expression Saxophonen wird zur Zeit ein Wechsel des  Hersteller - Betriebs vollzogen. Wie zunächst die Tenorsaxophone stammen nun auch die Altsaxophone aus der neuen Quelle. Äußerlich ist kein deutlicher Unterschied zu erkennen. Man erhofft sich aber eine Verbesserung der Qualität. Interessant fanden wir die Information, daß der neue  Hersteller betrieb derselbe sei, bei dem auch Selmer USA fertigen läßt (!).

Hartmann/Codera

Wie angekündigt wurde die Reihe der synthetischen "Fiberreeds" um Blätter für Sopransax, Baritonsax und deutsche Klarinette erweitert. Daneben gibt es zwei weitere interessante Blattreihen, die aus der Zusammenarbeit von Harry Hartmann und Wolf Codera resultiert: Das sogenannte "natural sonic" Fiberreed ist aus einem Stück gearbeitet, also ganz ohne "Rückenschutz" zwischen Blattschraube und dem eigentlichen
Blatt. Das "carbon toptone" Fiberreed verwendet zwischen den weißen von Harry Hartmann entwickelten Faserschichten abwechselnd Lagen aus (schwarzen) Karbonfasern, die dem dem Blatt eine eigenwillige schwarz-weiss-gestreifte Färbung verleihen.

Keilwerth

Dis Firma Julius Keilwerth stellte diese Jahr ihr gerades Tenorsaxophon als neues seirienmäßiges Familienmitglied vor. 1994 war es als Prototyp auf dem Messestand von Keilwerth zum erstenmal zu bewundern. Hiervon inspiriert ließ der amerikanische Hersteller L.A.Sax gerade  Tenor- saxophone bauen. Darauf entwickelte sich in Amerika eine Nachfrage für solche Instrumente, die jetzt durch die Firma Keilwerth auch in
professioneller Qualität befriedigt werden kann. Das gerade Tenor wird in der Baureihe SX90R gebaut und ist derzeit nur in einem Sonderfinish erhältlich: vernickelt mit Goldlacküberzug.

Konus/Benedikt Eppelsheim

Der Münchener Instrumentenbauer Benedikt Eppelsheim (Firmenname "Konus") war auf der auf der Messe ganz bescheiden als "Untermieter" am Stand einer befreundeten Firma zu finden. Aber was er mitbrachte, kann ohne Übertreibung als Weltsensation bezeichnet werden. Er präsentierte zwei Instrumente aus der Saxophonfamilie, die auf der Welt absolut einmalig sind. Seine erste Schöpfung ist das kleinste Saxophon der Welt, eine Oktave über dem Sopran, eine halbe Oktave über dem Sopranino. Der Ton-
umfang reicht von tief-B bis Hoch-es; innerhalb dieses Bereichs ist das Instrument mit dem kompletten Klappenwerk ausgestattet. Die obere Oktavklappe wurde aus Platzgründen mitten in dem selbst entwickelten Mundstück plaziert, als Blatt wurde ein kürzer geschnittenes Blatt der Es-Klarinette verwendet. Wegen der geringen Grüße konnte kaum auf bereits existierende Teile aus dem Saxophonbau zurückgegriffen werden. Der Konus mit seinem Tonlochnetz, die Mechanik und das Mundstück
sind Eigenentwicklungen.

Die zweite Sensation ist ein Kontrabaß-Saxophon in Es in einer völlig neuen Bauform, vom Erfinder "Tubax" genannt. Durch das vierfach (!) gewundene Schallrohr, das an ein Sarrusophon erinnert, kommt dieses Instrument mit einer handlichen Größe von 114 cm aus. Es ist wesentlich enger mensuriert als das Kontrabaß-Saxophon in der bekannten Bauform und kann mit einem Baritonmundstück gespielt werden. Es verfügt über das komplette Klappen- system eines modernen Saxophons. Grundlage für die Mechanik waren Klappenteile eines modernen Baritonsaxophons, die den Bedürfnissen des
ungewöhnlichen Instruments angepaßt wurden. Wegen der ungewöhnlichen Korpusform ist die Bewegungsübertragung von den Griffteilen zu den Klappendeckeln zum Teil nur über abenteuerliche Umlenkungen zu erreichen. Damit hierbei eine präzise Übertragung der Bewegung erzielt wird, wurden an den Verbindungen Kugellager verwendet. Der Klang ist wegen der engerern Mensur nicht so voluminös, er erinnert bei manchen
Tönen etwas an ein Kontrafagott. Dafür ist dieses Instrument von einer Gelenkigkeit, die man von einem Instrument dieser tiefen Lage nicht zu erhoffen wagt.

Oleg

heißt eine amerikanische Firma, die seit einigen Jahren interessantes Saxophon-Zubehör anbietet. Beispielsweise den Oleg-Gigbag, bei dem das Instrument durch aufblasbare Luftkammern geschützt wird. Der Oleg Altsaxophonständer ist vollständig aus einem schwarzen Kunststoff gemacht. Die ausgeklügelte Konstruktion läßt sich zu einem flachen "Brettchen" zusammenlegen, das etwa die Ausmaße eines von Konzert- gitarristen verwendeten Fußbänkchens hat. Die Oleg Blattschraube "Olegature" ist ähnlich konzipiert wie die Textil-Schrauben, z.B. von Rovner und BG. Allerdings verwendet sie einen Band aus eine Drahtgeflecht, das eher an ein teures Uhrenarmband erinnert.
Für Saxophonmundstücke sind die Blattschrauben vergoldet, für Klarinetten- mundstücke versilbert. All diese Produkte sind ab sofort auch über deutsche Vertriebsfirmen auf dem deutschen Markt erhältlich.

Rampone & Cazzani

stellte ein verbessertes Sopransaxophon vor. Der Tonumfang wurde um einen Halbton bis zum hohen G erweitert. Außerdem wurde die Klappenkoppelung, wie in unserem jüngsten Testbericht (Januar 99) angemahnt, auf den neusten Stand gebracht. Für ein gebrochenen Dreiklang in Fis-Dur kann nun auch der rechte Mittelfinger liegenbleiben,
wie man es von den größeren Saxophonen gewohnt ist.

Neu im Programm ist das kleinste Mitglied der Saxophonfamilie: Ein Sopranino in Es. Es ist neben dem Selmer (Paris) Sopranino weltweit das einzige mit einem kompletten Klappenwerk: der Tonumfang reicht bis Hoch-fis, es hat eine Cis-Mechanik und eine vordere hoch-F-Klappe.

Selmer (Paris)

konnte sein Versprechen leider nicht halten. Das für die diesjährige Messe angekündigte Altsaxophon der Serie III war - auch nicht als Prototyp - nach Frankfurt gekommen. Vorraussichtlicher Termin für das Anlaufen der neuen Serie ist das Jahresende 1999.

Selmer (USA)

Der klangvolle Name "Buescher" hat den Verkauf an Selmer USA im 1962 nicht lange überlebt. Die bis etwa Ende der 60er Jahre weiter unter dem Markennamen "Buescher" gebauten Saxophone waren qualitativ von den berühmten Vorkriegmodellen weit entfernt. Dieses Jahr konnte man am Messestand von Selmer USA wieder Alt- und Tenorsaxophone mit dem berühmten Markennamen "Buescher" sehen. Nähere Informationen über Qualität und Herkunft der neuen Buescher Saxophone waren nicht zu bekommen.

Vandoren

Nachdem das erste Vandoren Metallmundstück, das V 16 Modell, bei den Jazzmusikern großen Anklang gefunden hat, wurde dieses Jahr die V 16 Reihe auf  Altsaxophonmundstücke erweitert. Im Detail wurde aber ein anderer Weg beschritten als bei den Tenormundstücken: Erstens sind die V16 Alt-Mundstücke nicht aus Metall sondern ganz traditionell aus Kautschuk gemacht. Zweitens gibt es für jede der 3 Bahnen (A5, A6, A7) zwei verschiedene Kammerformen (small/medium) zur Auswahl. Derzeit
wird dieses Mundstück von Lee Konitz gespielt.

Zu der "Optimum" Blattschraube für Klarinette und Altsax wird es in Zukunft wahlweise statt der Metallkappe eine (wesentlich preisgünstigere) schwarze Kunststoffkappe geben.

B&S/VMI

Die Vogtländische Musikinstrumentenfabrik (VMI) hat die Baureihe der B&S Saxophone erweitert. Neben den bewährten 1000er und 2000er Reihen gibt es eine 500er Reihe ("Student Line") von soliden Schülerinstrumenten. Außerdem ist die "Serie Codera", die letztes Jahr als Prototyp vorgestellt wurde, endlich in der Serienfertigung. Bei den Codera-Saxophone sind an den fünf tiefsten Klappen die Klappendeckel und Polster durch sogenannte "Resoblades" ersetzt worden. Diese technisch radikale Lösung ist den sogenannten Top Tone Polstern mechanisch überlegen, erfordert aber eine
modifizierte Klappenkonstruktion und ist insofern nicht einfach gegen traditionelle Polster austauschbar.

Yanagisawa

stellte eine neue Baureihe von Saxophonen mit Bronzekorpus vor. Während Messing klar als eine Legierung (Mischung) von Kupfer (55-90%) und Zink (45-10%) definiert ist, ist der Begriff "Bronze" weniger eindeutig. Früher meinte der Begriff "Bronze" eine Legierung von Kupfer und Zinn (1-30%). Heute ist der Begriff erweitert auf alle Kupferlegierungen, die nicht als Messing gelten. So gibt es auch zinnfreie Kupferlegierungen und solche mit Zusätzen von Zink, Aluminium, Nickel, Blei und Eisen, die alle als Bronze bezeichnet werden.

Die rötliche Färbung der Schallröhre läßt auf eine Legierung mit großem Kupferanteil schließen. Ein merklicher Anteil von Zinn ist wegen seiner niedrigen Schmelztemparatur (231 Grad Celsius) und der damit  ver- bundenen Probleme beim Hartlöten der Schallröhre unwahrscheinlich. Die genaue Zusammensetzung war nicht in Erfahrung zu bringen. Es handelt sich jedenfalls um ein ähnliches Material wie das im Blechblas-Bereich gerne verwendete "Goldmessing".

Die Bronze-Reihe umfaßt alle Baugrößen von Sopran bis Bariton. Mechanisch ist sie ausgestattet wie die professionelle Reihe der 991er Saxophone. Im Gegensatz zu den Messing-Instrumenten haben die Bronze-Saxophone die Modellnummern 992. Gleichzeitig ist die Palette der separat lieferbaren S-Bögen um zwei Modelle (Bronze lackiert und Bronze vergoldet) erweitert worden.

                                        Klaus Dapper

 
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Erstveröffentlichung im Praxismagazin für Bands & Entertainer  " live - MUSIC - artist ".


 
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