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Altsaxophon Expression „Special Edition“

 Von Klaus Dapper 

Saxophone unter der Marke „Expression“ gibt es seit etwa 1985. Zu dieser Zeit hatten Blasinstrumente aus Taiwan noch einen relativ schlechten Ruf; viele deutsche Händler versuchten zu dieser Zeit noch die taiwanesische Herkunft ihrer Instrumente zu verschweigen.  In der Zwischenzeit hat sich das Fertigungsniveau durchweg verbessert. Allerdings stieg in derselben Zeit auch das Lohn- und Kosten-Niveau auf Taiwan deutlich an. Daher erwarben viele taiwanesische Hersteller in den letzten Jahren Fertigungsbetriebe auf dem Festland (in der Volksrepublik China), oder sie gingen Partnerschaften mit dort arbeitenden Instrumentenfabriken ein, wie z.B. K.H.S. oder Trevor James. In dem Maße, in dem hierzulande das Vertrauen in taiwanesische Fertigung steigt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, von einem taiwanesischen Instrumentenhersteller tatsächlich ein in Taiwan gebautes Musikinstrument zu erhalten. Und auch hier ist es ähnlich wie früher: die China-Connection wird von taiwanesischen Herstellern wieder gerne verschwiegen. Der in Kaohsiung im Süden Taiwans beheimatete Herstellerbetrieb, in dem die Expression Saxophone seit 1990 hergestellt werden, hat aus Sorge um gleich bleibende Qualität bislang dem allgemeinen Trend widerstanden, Arbeiten in die Volksrepublik China auszulagern. Die Expression Saxophone sind zu 100% made in Taiwan. Heute wird der Aufdruck „Made in Taiwan“ bereits mit Stolz verwendet. 

expression special editionWir erhielten zum Test ein Expression Altsaxophon aus der „Special Edition“. Die Modellbezeichnung ist A-326 BBL.

 AUSSTATTUNG

Unser Testinstrument überrascht zunächst mit einer attraktiven und exotischen Zweifarbigkeit. Die gesamte Schallröhre schimmert kupferrot. Sie ist aber nicht aus reinem Kupfer, sondern aus einer Legierung, die vom Hersteller als „Bronzemessing“ bezeichnet wird. Es handelt sich um eine nicht genau definierte Legierung mit erhöhtem Kupferanteil. Alle aufgelöteten Teile des Saxophons, also das gesamte Klappenwerk, die Achsböckchen, Klappenschutz und Herz sind aus normalem (gelben) Messing. Das Instrument ist mit Goldlack überzogen, der die Zweifarbigkeit attraktiv zur Geltung kommen lässt.

 Konzeptionell ist das Instrument – wie eigentlich alle taiwanesischen und chinesischen Saxophone – an das aktuelle Selmer-Design angelehnt. Daher können wir die bekannten features kurz abhandeln:

 - Die Achsböckchen sind auf vier Schienen vormontiert und mit diesen auf das Rohr aufgelötet. Das Schallstück ist abnehmbar.

- Für die Justierung der Klappenkoppelung besitzt das Instrument zunächst die üblichen 5 Einstell-Schrauben: F-B-Gis-Koppelung, gegliederte Gis-Klappe,  tief-Cis-Sperre, vorderer Hoch-F-Hebel.

- Die 4 Anschläge in den Körbchen der Knie- und Becherklappen sind verstellbar.

- Für die Klappenanschläge und Koppelungen verwendet man  Filz und Naturkork, an wenigen Stellen wird Presskork verwendet. Auch der S-Bogen-Kork ist  aus Naturkork.

- Die üblichen 9 Finger-Einsätze sind aus echtem Perlmutt, nicht aus Kunststoff.

- Die Kleinfinger-Klappen entsprechen dem üblichen Design: B-Wippe für den linken kleinen Finger, C- und Es-Klappe auf zwei getrennten nebeneinander angeordneten Achsen.

- Die Halsaufnahme ist im Selmer-Design mit integrierter Marschgabel-Halterung, die Federn und die Lagerungsschrauben (pivot screws) sind aus Blaustahl. Allerdings sind die Lagerungsschrauben „kopflos“: es werden sogenannte Madenschrauben verwendet.

- Die Daumenauflage (links) und der (seitlich verstellbare) Daumenhaken  sind trendgemäß wieder aus Metall.

- Die Polster sind mit Metallreflektoren ausgestattet und offensichtlich mit einer Imprägnierung versehen: sie geben beim Öffnen leise Schmatz-Geräusche von sich, besonders die beiden Oktavklappen.

expression special edition Zu den Besonderheiten unseres Special Edition:
Neben dem Schallbecher-Stempel „Expression Special Edition“ verfügt das Saxophon über eine geschmackvoller Handgravur,  die nicht nur den Schallbecher und unteren Bogen, sondern auch noch Teile des Hauptrohrs bis hoch hinauf schmückt.  Die Gravur wurde vor der Lackierung aufgebracht, der Lack schützt das Instrument also auch auf den gravierten Flächen.

 Das Altsax hat einen besonders großer Schallbecher („big bell“): der Schallbecher-Durchmesser beträgt 13,5 cm statt der üblichen 12 cm. Neben dem Schallbecher-Stempel „Expression Special Edition“ verfügt das Saxophon über eine geschmackvoller Handgravur,  die nicht nur den Schallbecher und unteren Bogen, sondern auch noch Teile des Hauptrohrs schmückt.  Die Gravur wurde vor der Lackierung aufgebracht, der Lack schützt das Instrument also auch auf den gravierten Flächen.

 Die Schutzkörbe für die tiefen Klappen B, H, C und Es sind in einem eigenwilligen und sehr attraktiven Art-Deco-Design.

Die Klappen für F, E und D (rechte Hand) verfügen über sechs (!) Einstellschrauben: erstens sind die drei Klappen über Einstellschrauben mit der Fis-Klappe verbunden, ähnlich wie man es von Yamaha Saxophonen kennt. Hierdurch wird die Justierung der Klappenkoppelung erleichtert. Zweitens sind die Klappenanschläge und damit die Klappenöffnung über drei weitere Einstellschrauben justierbar. So etwas gab es bei den Selmer Saxophonen der 30er und 40er Jahre. Es hat sich nicht durchgesetzt und ist eigentlich entbehrlich. So etwas wird wieder ausgegraben, weil die vielen Fernost-Hersteller heute kaum mehr wissen, wie sie sich  von ähnlichen Konkurrenzprodukten absetzen sollen.

Eine nützliche Weiterentwicklung: Die Deckel der tiefsten Klappen für C, H und B werden von jeweils 2 Armen gehalten. Die großen Klappen mit ihren langen Armen können einen Schutz vor Verbiegen oder Verdrehen (H-Klappe  wegen des Cis-Schließers) gut vertragen.
 

expression special editionVERARBEITUNG

Hinsichtlich der Verarbeitung muss dem Expression Alt eine beinahe sehr gute Note ausgestellt werden. Alle Lötungen erscheinen in der Sichtprüfung tadellos, für die Lackierung gilt dasselbe. Achsspiel konnte nirgendwo entdeckt werden; toter Gang auch nicht, wenn da nicht die Oktavmechanik wäre… Von 5 mm Hub verschluckt die Mechanik 3mm, bevor die letzten 2 mm an die S-Bogen-Klappe weitergeleitet werden. Das ist zu viel, das geht besser.

Eine in dem Korpus versenkte Leuchtstoffröhre kann keinerlei Deckungsfehler zu Tage fördern. Das versöhnt wieder.

 
FINGERFREUNDLICHKEIT

Das Expression Alt liegt gut in der Hand. Die Klappenlage ist  durchweg bequem. Die Federung ist etwas hart eingestellt, eigentlich mehr für Profi- als für Kinderhände. Besonders die Griffteile der beiden kleinen Finger  brauchen viel Kraft.

Aufgrund des vergrößerten Schallbechers berührt der linke kleine Finger bei den Tönen Tief-H und tief-B schon mal den Schallbecherrand. Da muss man sich etwas umgewöhnen.
 

SPIELTEST 

Zunächst erfolgte der Spieltest  mit dem Zubehörmundstück. Der Test begann mit einer Enttäuschung: Das Mundstück ließ sich zunächst nicht weit genug auf den Kork schieben, um auch nur eine 440 Hz Stimmung zu erreichen. Wir haben das kürzlich erst bei einem anderen Taiwan Altsaxophon erlebt (Jupiter). Haben die sich verabredet? Wir erreichten unser Ziel schließlich mit einer Kombination aus Korkfett und roher Gewalt. Wir empfehlen dies nicht zur Nachahmung, da die um den S-Bogen gepresste Faust sehr leicht die S-Bogen-Klappe verbiegen kann. Man sollte sofort beim Kauf den Kork von seinem Fachhändler auf das bevorzugte Mundstück anpassen lassen.

Das Zubehörmundstück hat die Bezeichnung 4C. Wir hatten die Hoffnung, dass es ähnlich reagiert wie das beliebte Schülermundstück Yamaha 4C  und gut zu denselben Vandoren 3er Blättern passt wie das Yamaha. Leider Fehlanzeige, wir haben das Mundstück sofort zur Seite gelegt.

Den zweiten Versuch starteten wir mit einem bewährten Schüler- und Klassikmundstück, dem „echten“ 4C von Yamaha. Auch hier: Korkfett und rohe Gewalt, obwohl das Yamaha nicht gerade zu den besonders engen Mundstücken zählt.

 
expression special editionAnsprache und Klang

Die Ansprache des Instruments war in allen Registern angenehm leicht, es gab keine „Ausreißer“ oder Problemtöne, so gesehen ein Instrument zum Verlieben. 

Vom Klang des Expression Alt sind wir begeistert. Er ist voller und saftiger als der der französischen Vintage-Saxophone; unten mehr, oben mehr, und ein klangliches Zentrum im mittleren Frequenz-Bereich  wurde auch nicht vergessen. Wahrscheinlich ist das klangliche Volumen nicht zuletzt dem größeren Schallbecher zu verdanken.
 

Intonation

Wir erfuhren vom Hersteller, dass die Expression Saxophone für den deutschen Markt auf eine Grundstimmung von A = 442 Hz ausgelegt seien, während man für den amerikanischen Markt von A=440 Hz ausgeht. Dennoch mussten wir uns für diesen Test auf die internationale Grundstimmung von A = 440 Hz beschränken. Der Test bei höheren Stimmungen war wegen des zu dicken S-Bogenkorks ohne Anpassung durch eine Werkstatt nicht möglich.

Die untere Oktave ist relativ ausgeglichen, Ausreißer (nach unten) sind die tiefsten Töne. D1, Cis1, C1 und H sind recht tief,  das tiefe B ist wieder gut.  

D1 leidet – auch vom Klang her – unter dem verkleinerten Endloch unter der C-Klappe. Selmer hat vor einigen Jahren damit angefangen und das Tonloch um 4-5 mm auf unter 30 mm verkleinert. Die meisten taiwanesischen und chinesischen Hersteller sind blind gefolgt. Das kleine Endloch hat dem sonst zu hohen D2 gut getan, es ist aber Gift für das D1.  D2 stimmt bei unserem Testinstrument gut, der am stärksten nach oben abweichende Ton im zweiten Register ist jetzt E2. Die Oktavklappen-Töne der linken Hand stimmen auffällig gut, im palm key-Bereich ab D3 geht es leider wieder deutlich nach oben ab, Fis 3 ist wieder gut.

expression special editionDie meisten Unzulänglichkeiten finden sich unter den „üblichen Verdächtigen“, erfahrene Saxophonisten sind Kummer gewohnt und haben schon Korrektur-Reflexe, die die Intonation beherrschbar machen. Freude bereitet eine erfreulich unkomplizierte Intonation in der oft schwierigen Region um A 3 (sonst oft zu hoch), Sorgen machen die zu tiefen Töne am unteren Ende des Tonumfangs, da sie kaum korrigierbar sind. 

Für einen dritten Durchgang mit dem (etwas schlanker gebohrten) Meyer 7MM nahmen wir noch mal alle Kraft zusammen. Es hat sich gelohnt: dieses Mundstück passte besser zu dem Expression als das Klassik-Mundstück. Hinsichtlich Klangfülle und Leichtigkeit der Ansprache machte das Instrument noch mal einen Schritt nach vorne, die Intonationskurve allerdings blieb im Wesentlichen unverändert.

 

ZUBEHÖR

Das Expression Saxophon kommt mit dem erwähnten no name Mundstück mit dem Stempel „4 C“, einem Trageband, einem Pflegetuch, Korkfett und einem Prüfzertifikat eines deutschen Musikinstrumentenbaumeisters, der vor der Auslieferung alle Expression Saxophone überprüft.

Das Sax kommt in einem mit schwarzem Stoff überzogenen Etui (softbag), das mit einem zweitem Handgriff hochkant getragen werden kann.  Darüberhinaus gibt es einen Schultertragegurt,  und auf der Rückseite ist hinter einer angekletteten Lasche eine  Rucksackgarnitur versteckt. Innen sind die beiden mit schwarzem Samt überzogenen Halbschalen genau der Form des Instruments angepasst. Es gibt ein Zubehörfach und Extra-Nester für Mundstück und S-Bogen.

 

expression special edition

Produktübersicht und Preis:
Hersteller: Green Hill International Co. Ltd., Taiwan
Deutscher Vertrieb: Expression Germany
Modellbezeichnung:   Expression A-326 BBL

Technische Daten
Korpus und S-Bogen: Bronze, Goldlack
Klappenwerk, Schienen, Achsböckchen: Messing, Goldlack
Achsböckchen auf Schienen vormontiert, 6 zusätzliche Einstellschrauben
Fingerknöpfe aus Perlmutt
Gestempeltes Firmenlogo, darüber hinaus umfangreiche Handgravur; Art-Deco-Klappenschutz
Grundstimmung: A=442 Hz (Werksangabe)

 Zubehör:
Soft bag/ Etui, Mundstück 4C, Tragegurt, Pflegetuch, Korkfett, Prüfzertifikat 

Preis:  Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 1408,- EURO 

www.expression-instruments.de 

Pro:
Leichte Ansprache über den gesamten Tonumfang
Saftiger voller Sound
Attraktive zweifarbige Optik
 

 Contra:
Halskork zu dick
Intonationsmängel: D1bis tief-H zu tief, e2 und einige palm key-Töne zu hoch 


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Erstveröffentlichung im  " SONIC  Magazin für Holz- & Blechblasinstrumente ".


 
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