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Auf Gold gestoßen? 

Jupiter Altsaxophon „Colorado”     /      Modell JP-769RL-F 

Von Klaus Dapper 

Hergestellt werden Jupiter Musikinstrumente von der in Taiwans Hauptstadt Taipeh beheimateten Firma K.H.S. Musical Instruments Co. Die Firma existiert seit 1930, hat aber erst viel später mit der Herstellung von Blasinstrumenten begonnen. Das erste Saxophon entstand bei K.H.S. im Jahre 1977. Von den etwa dreißig (!) in Taiwan beheimateten Saxophonherstellern ist K.H.S. mit Abstand der größte und bedeutendste. Seit 1980 vertreibt K.H.S. sämtliche Musikinstrumente weltweit ausschließlich unter dem Markennamen „Jupiter“. Die jahrzehntelange Erfahrung im Saxophonbau und die frühere Zusammenarbeit mit dem französischen Hersteller Buffet-Crampon, für den K.H.S. eine Zeitlang die „Evette“-Modelle gebaut hat, gewährleisten, dass Jupiter Saxophone zu den besten aus taiwanesischer Herstellung gehören. Eine 769er Baureihe gibt es bereits seit den 1990er-Jahren aktuell ist das „Colorado“-Sondermodell in den Baugrößen Alt und Tenor dazugekommen. 
Jupiter Colorado

Optik 

„Colorado“ ist spanisch und heißt „farbig“, gleichzeitig ist Colorado ein amerikanischer Bundesstaat mit Goldgräber-Vergangenheit. Beide Bedeutungen spiegeln sich im Erscheinungsbild des „Colorado“-Modells wieder. Von auffälliger Farbe und sehr attraktiv ist der satte rötliche Goldton, der einem entgegenleuchtet. Er rührt daher, dass das komplette Rohr aus einem besonderen Metall besteht. Es handelt sich um Goldmessing, das zu 85 % aus Kupfer und zu 15 % aus Zink besteht. Es ist weicher als normales Messing (ca. 65 % Kupfer), es verspricht leichtere Ansprache und einen etwas weicheren Klang. Interessanterweise hat das gesamte Klappenwerk dieselbe rotgoldene Farbe. Sind etwa die Klappen auch aus weicherem Material gemacht? Glücklicherweise nicht. Die Klappen werden aus normalem Messing hergestellt; die Farbe des Lacks wurde lediglich so eingestellt, dass kein Unterschied zwischen Goldmessingrohr und Messingklappen sichtbar ist. Lediglich die auf den Korpus aufgelöteten Achsböckchen, Spannringe usw. schimmern durch den Lack messingfarben durch, wodurch sich eine attraktive Zweifarbigkeit ergibt.  Glückwunsch, das „Colorado“ Sax ist eine ausgesprochene Schönheit!
 

Ausstattung 

Die Achsböckchen sind nach Jupiter Tradition nicht in Gruppen auf Schienen vormontiert, sondern einzeln auf die Schallröhre aufgelötet. Das Kniestück verfügt über eine Schraubverbindung. So können Schallbecher und Knie abgenommen werden, und bestimmte Reparaturen (z. B. Beulen entfernen) werden billiger bzw. leichter ausführbar. Für die Justierung der Klappenkoppelung besitzt das Instrument zunächst die üblichen fünf Einstellschrauben: F-B-Gis-Koppelung, gegliederte Gis-Klappe, Tief-Cis-Sperre, vorderer Hoch-Fis-Hebel. Darüber hinaus gibt es (ähnlich wie bei Yamaha) weitere fünf Mini-Schrauben zum Justieren weiterer Klappenkoppelungen. Diese zusätzlichen Einstellschrauben haben sich als betriebssicher erwiesen und erleichtern über die gesamte Lebensdauer des Instruments die Justierung des Instruments.  Die vier Anschläge in den Körbchen der Knie- und Becherklappen (Selmer-Styling) sind ebenfalls nach Selmer-Art mit dem Schraubenzieher verstellbar.

Für die Klappenanschläge und Koppelungen verwendet man Naturkork. Auf Plastikteile wurde erfreulicherweise verzichtet. Lediglich unter den genannten Mini-Einstellschrauben wurden, wie bei Yamaha, Scheiben aus (härterem) Presskork verwendet. Auch der S-Bogen-Kork ist aus Naturkork. Dafür sind die üblichen 8 Finger-Einsätze aus echtem Perlmutt, nicht aus Kunststoff. Auch die Kleinfinger-Klappen entsprechen dem Selmer-Design: B-Wippe für den linken kleinen Finger, C- und Es-Klappe (rechter kleiner Finger) haben zwei nebeneinander liegende Achsen, ähnlich Mk 7. Die Halterung für die Marschgabel wurde in die S-Bogen-Verschraubung integriert. Sämtliche Federn und Schrauben sind aus Blaustahl, die Daumenauflage (für den linken Daumen) und der verstellbare Daumenhaken (rechts) sind aus schwarzem Kunststoff. Als Reminiszenz an den „Colorado-Goldrausch“ gibt es – Gimmick oder akustisch wirksames Zubehör – einen vergoldeten Haken zum Austausch dazu. Ich möchte wissen, wer angesichts dieses Angebots seinen Plastikhaken auf dem Instrument lässt. Die Polster sind mit Metallreflektoren ausgestattet. Aufgrund der Imprägnierung geben sie beim Öffnen zum Teil leise Schmatzgeräusche von sich. Eine Schallbecher-Gravur gibt es, abgesehen von dem Jupiter-Logo, nicht.

Jupiter Colorado

Verarbeitung 

Hier können wir keinerlei Makel entdecken. Beim Löten, Polieren und Lackieren wurde vorbildliche Arbeit abgeliefert. Wir versenkten eine Leuchtstoffröhre im Korpus des Instruments: Keine Deckungsfehler. Hier wurde ordentlich gearbeitet. Was uns aber störte, das der S-Bogen zu lose in seiner Hülse sitzt. Er lässt sich nicht ganz festschrauben und man möchte nicht riskieren, dass die Schraube bei zu festem Andrehen abreißt. Außerdem lässt sich das Zubehörmundstück ebenso wie die gängigen andern Mundstücke nicht weit genug auf den Kork schieben. Eine 442 Hz-Stimmung ist nur mit Korkfett und viel Kraft realisierbar; wer höher hinaus will, kommt nicht ohne den Einsatz von Schleifpapier aus. Vorsicht: den lackierten Bogen vor dem Schleifen mit Klebeband abkleben, sonst gibt es vor den ersten Tönen bereits die ersten Kratzer auf dem Instrument! 

Spieltest 

Für den Spieltest verwendeten wir, neben dem beiliegenden Jupiter 4C, als Klassik- und Musikschul-Kombination ein Yamaha 4C mit einem Vandoren Blatt Stärke 3 und zusätzlich das unter Profi-Saxophonisten verbreitete Meyer 7MM mit einem Rico 2 ½er Blatt.

 
Fingerfreundlichkeit

Hinsichtlich der Fingerfreundlichkeit bleiben beim „Colorado“ eigentlich keine Wünsche offen. Dazu ist Jupiter zu lange im Geschäft, als dass es in diesem Bereich noch nennenswerte Probleme gäbe. Die Klappenlage ist bequem, die Federspannung ausgewogen. Auch die kritischen Kleinfinger-Klappen liegen gut, bis auf den Umstand, dass der linke kleine Finger beim Rutschen vom Cis zum H schon mal zwischen beiden Griffteilen stecken blieb. Wir verglichen mit unserem Mk 6: Die zu überwindende Stufe ist bei diesem Instrument etwas höher.  

 Jupiter Colorado
Ansprache und Klang

Das Instrument hat ein einen ansprechenden, über den gesamten Tonumfang recht ausgeglichenen Sound. Der Blaswiderstand liegt im mittleren bis oberen mittleren Bereich, auch in der Goldmessingversion ist das „Colorado“ kein Saxophon, das von selber spielt. Der Blaswiderstand ist etwas höher als bei Selmer Saxophonen, deutlich höher als bei (älteren) Yamaha Modellen. Blaswiderstand ist Geschmacksache: während für junge Saxophonschüler eher leichte Ansprache wünschenswert ist, schätzen Profis – besonders die aus dem nicht-klassischen Lager – einen höheren Blaswiderstand. Für sie ist wichtig, dass das Instrument auch Poweplay verträgt. 

Das Colorado bietet einem kräftigen Ton und einen ansprechenden runden Klang, der über den gesamten Tonumfang recht ausgeglichenen ist. Etwas bockig ist das tiefe D.
 

Intonation

Zunächst spielten wir das Instrument mit dem Yamaha 4C, unserem Klassik- und Musikschul-Mundstück. Die Grundstimmung ist mit A = 442 Hz angegeben. Wir stellten das Stimmgerät also auf 442 Hz ein. Es ist wegen des etwas zu dicken Halskorks nicht ganz leicht, diese Stimmung zu erreichen. Bei den meisten Saxophonen ist ein systembedingtes Stimmungsgefälle zu beobachten: Wegen des unterschiedlichen Lippendrucks tendieren die Töne ohne Oktavklappe nach unten, die mit Oktavklappe nach oben. Dies kann der erfahrene Saxophonbauer mit dem genauen Konus-Verlauf (speziell beim S-Bogen) und der Position und Beschaffenheit der beiden Oktavklappen (welche die Intonation tendenziell ebenfalls anheben), in gewissen Grenzen ausgleichen.

Die beschriebene Tendenz ist bei unserem Testinstrument deutlich spürbar, deutlicher zumindest als bei den uns vertrauten Altsaxophonen von Selmer oder Yamaha. Es bleibt in einem beherrschbaren Rahmen, aber man muss sich schon eine Zeitlang an das Instrument gewöhnen. Auffällig sind die „üblichen Verdächtigen“: E2 ist sehr hoch. An dem Intervall zwischen dem (tiefen) A1 und dem recht hohen E2 gibt es einiges zu korrigieren. Pflegebedürftig ist auch das recht tiefe D1. Da dieser Ton nicht besonders leicht anspricht (s .o.), lässt er sich mit dem Ansatz nicht weit genug anheben; nur mit dem Hilfsgriff (geöffnete Cis-Klappe) ist er auf Norm-Höhe zu bekommen. Die beiden etwas engeren Mundstücke von Jupiter und Meyer war wegen der Dicke des Korks nicht ohne Gewalt auf 442 Hz-Stimmung zu bekommen. Wir verschoben ihren Einsatz also auf den A = 440 Hz-Test. 

Bei A = 440 Hz ist mit dem Yamaha Mundstück weder eine spürbare Verbesserung noch Verschlechterung der Intonation zu bemerken. Mit dem Meyer Mundstück ist das „Colorado“ in seinem Element, kraftvoll und krähend. Auch mit dem Meyer Mundstück zeigten sich an denselben Stellen deutliche Wellen in der Intonationskurve, auch hiermit muss man sich an das Instrument gewöhnen. Das Jupiter Mundstück ist mit dem beiliegenden Vandoren V16 2 1/2er Blatt eine recht anständige Kombination, die sehr leicht losgeht und über einen schlanken, hellen Ton verfügt, also wenig klangliche Ähnlichkeit mit dem 4C von Yamaha hat.  Es passt hinsichtlich des Klanges und der Ansprache sehr gut zum „Colorado“, aber die Stimmungskurven kann es auch nicht glätten.

 
Zubehör 

Hinsichtlich des Zubehörs ist man bei Jupiter eher „übermotorisiert“.
Das „Colorado“ kommt in einem Koffer, der vom Hersteller als „Luxus-Etui Light“ bezeichnet wird. Das Instrument ist darin bestens aufgehoben; es gibt neben einem Zubehörfach noch Extra-Nester für den Bogen und das Mundstück. Auf der Vorderseite ist eine 37 x 28 cm Tasche aufgesetzt, in der leicht auch größere Notenformate transportiert werden können. Auf der Rückseite gibt es  eine Tasche, in der sich  Rucksack-Gurte verbergen. Das Etui hat einen zweiten Griff, mit dem es hochkant getragen werden kann, und eine außen liegende Handy-Tasche. Was will man noch mehr? Mir persönlich ist das Etui zu groß, zu wuchtig, zu schwer. Leer wiegt es allein schon 4,27 kg; ist das light? Zumindest, wenn man mit mehreren Instrumenten unterwegs ist, wie es bei Saxophonisten oft der Fall ist, zählen Pfunde und Kubik-Zentimeter.

Das Altsaxophon kommt mit einem Jupiter 4C Mundstück (made in Germany), das optisch dem Yamaha 4C nachempfunden ist, aber nicht recht unterschiedliche Spieleigenschaften hat. Dem Anfänger wird es zunächst gute Dienste leisten.

Ansonsten verdient das Zubehör das Prädikat: üppig. Es gibt ein gefüttertes Trageband mit breiter Nackenauflage, Jupiter Korkfett, ein Vandoren V16 Blatt Stärke 2 1/2, einen Durchzieh-Wischer, ein mehrsprachiges „owners manual“ und einen Folder mit „testimonials“, also Dankschreiben aus aller Welt. Darüber hinaus spendiert Jupiter seinem „Colorado“ einen 24 Karat vergoldeten Messingdaumenhaken extra, einen Schlüsselanhänger aus Leder und einem spezielles „Colorado“ Grifftabellen-Poster vom Voggenreiter Verlag.    

 Fazit

Es ist offensichtlich, dass die Stärken des „Colorado“ nicht im Klassik-Bereich liegen, wo tiefe Töne schon mal in Nichts verklingen müssen, und wo mimosenhafte Empfindlichkeiten hinsichtlich der Intonation vorherrschen. Das Jupiter Altsaxophon ist wohl eher für Powerplay, Rock, Pop, Brass-Band und Verwandtes konzipiert, wo ein fetter Sound wichtig und ein höherer Blaswiderstand willkommen ist.

 
Pro und Contra
+ voluminöser, ansprechender Sound
+ ausgesprochener „Hingucker“
+ solide gebautes Horn in voller Ausstattung zu einem günstigen Preis
- Intonation könnte ausgeglichener sein
- Steckverbindung für den S-Bogen am Testinstrument lose

 
Produktübersicht und Preis 

Hersteller: K.H.S., Taiwan 

Modellbezeichnung: JP-769 RL-F 

Technische Daten:
Korpus und S-Bogen aus Goldmessing (CU ZN 15; 85% Kupfer, 15% Zink), goldlackiert; Achsböckchen, Spannringe, Klappen aus Messing;
Klappenwerk goldmessingfarben lackiert; Achsböckchen einzeln aufgelötet, zusätzliche Einstellschrauben, bis auf das Firmenlogo ungraviert 

Zubehör:
Luxus-Etui Light, Mundstück Jupiter 4C, Vandoren V16 Blatt, Durchziehwischer, zusätzlicher 24 Karat vergoldeter Daumenhaken, gefüttertes Trageband, Schlüsselanhänger aus Leder, owners manual, testimonials, „Colorado“ Grifftabellen-Poster, Korkfett

 Preis (UVP): 1.149,-Euro 

www.jupiter.info
 


 
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Erstveröffentlichung im  " SONIC  Magazin für Holz- & Blechblasinstrumente ".


 
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