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Tenorsax Mundstück „Super Session“ von Selmer (Paris) 

Von Klaus Dapper
 

Die Mundstückreihe „Super Session“ wurde Mitte 2002 mit einem Mundstück für das Sopransaxophon eröffnet, was recht ungewöhnlich ist. Dieses Mundstück, das sich in erster Linie an die Jazzer richtet, wurde von den Saxophonisten mit Begeisterung aufgenommen, zumal wirklich gute Mundstücke für Sopransaxophone relativ selten sind. Mitte 2003 folgte das Altsax-Modell, aktuell ist in diesem Jahr die Reihe um das Tenorsax-Modell erweitert worden. 

Wir erhielten zur Begutachtung ein „Super Session“ Mundstück mit der Bahn H. Das Supersession H hat  eine Öffnung von immerhin 2,7 mm oder 106/1000 Zoll; es ist also etwas offener als ein Otto Link 7*(105/1000); dies ist aber auch die geringste der 3 lieferbaren Bahnöffnungen. 

Optisches Erkennungszeichen, and dem man Mundstücke der Supersession Serie auch aus einiger Entfernung identifizieren kann, ist die ringartige Verdickung am rückseitigen Ende des Mundstücks, die den Aufdruck „Super Session“ trägt.  Beim großkalibrigen Tenor-Mundstück wirkt der Wulst nicht ganz so plump wie bei den kleineren Größen. Außerdem verbirgt sich hinter der optischen Extravaganz ein ganz praktischer Vorteil. In seltenen Fällen passiert es, daß ein Mundstück am hinteren Ende reißt, nämlich wenn es mit viel Kraft auf einen zu dicken S-Bogen-Kork gepresst wird. Einige Hersteller (z.B. Zinner, Bay) sichern dieses Ende des Mundstücks daher mit einem aufgepressten Metallring.  Die Wulst-artige Verstärkung wird - genau wie ein Metallring - dazu beitragen, daß solch ein Unfall mit dem „Super Session“ Mundstück nicht passiert. 

selmer super session

Das „Super Session“ Tenormundstück folgt der Tradition der Sopran- und Alt-Modelle:

Die geraden Seitenwände münden in eine runde Kammer. Runde Kammern hat es seit 50 Jahren bei von Selmer gebauten Kautschuk-Mundstücken nicht mehr gegeben (mit Ausnahme der nur auf besondere Bestellung gebauten „Larry Teal“-Klassikmodelle). Die Kammer ist mittelgroß, vergleichbar der M-Kammer der Meyer Kautschuk-Mundstücke.

Die dem Rohrblatt gegenüber liegende Wand hat nach ca. 6 mm einen weichen Einwärts-Knick (den haben wir beim Supersession Alt nicht gesehen), dann ca. 22 mm von der Spitze aus einen weiteren weichen Knick, der die Blasluft in die runde Kammer leitet. „Roll-over-baffle“ nennt das der Amerikaner.  Diese Geometrie verspricht einen etwas strahlenderen Ton ohne die akustischen Nachteile einer hohen und harten Stufe.

Genau wie bei dem „Super Session“ Alt-Mundstück sind weder die Innenseite des Mundstücks noch die Blattauflage glatt poliert, wie es bei früheren Modellen üblich war. Wir vermuten: Die computergesteuerten Maschinen, die die Blattauflage und Bahn formen, sind mittlerweile unglaublich präzise. Eine Politur der Oberfläche von Hand würde möglicherweise eher die Gleichmäßigkeit verringern als erhöhen. Daher hat man sie wohl weggelassen.
 

Und wie klingt das „Super Session“ Tenor Mundstück?

Wir haben das „Super Session“ H mit Rico Blättern (2 ½) und Vandoren ZZ Blättern (2 ½) auf verschiedenen Saxophonen ausprobiert (Selmer Mk6, Selmer 80 SA, Yamaha, Buffet Crampon Prestige). Es ist uns für die vertrauten Blätter ein klein wenig zu offen, man hat den Eindruck, dass deutlich mehr Luft  durch das Mundstück strömt als bei vergleichbaren Mundstücken.  Vergleichbare Mundstücke? Da suchen wir doch mal in der großen Mundstück-Schublade. Tatsächlich fanden wir tief unten ein Selmer „Jazz“ Metallmundstück Bahn H, den nächsten Verwandten unseres Testexemplars aus den mittlerweile sechs verschiedenen Mundstück-Serien von Selmer. Wir legten einfach noch ein Otto  Link 7* Metall daneben, seit mindestens 40 Jahren die Standardausrüstung der meisten Jazz-Saxophonisten, an der sich die gesamte Konkurrenz messen lassen muss.

 Im Vergleich schnitt unser „Super Session“ leider nicht so gut ab, wie wir nach der Begegnung mit dem „Super Session“ Alto vor zwei Jahren erwarteten. Es braucht mehr Luft, erfordert also mehr Kraft, klingt dabei aber weicher und leiser als die beiden Vergleichsmundstücke. Der Klang ist schon ansprechend, die Saxophone stimmen mit diesem Mundstück gut, die Ansprache über den gesamten Tonumfang bis ins tiefste Register ist völlig problemlos, aber wo setze ich es ein? Es klingt leiser und weicher als erwartet, und dafür braucht es unterwartet viel Luft. In einer Big Band kann ich es mir nicht gut vorstellen; zu wenig power. In einer Swing-band ja, in einer Combo, die nicht grade auf Powerplay aus ist, ebenfalls, in Rock-beeinflusster Musik sicher nicht. Eventuell auch im Orchestergraben eines Theaters, wenn das Mundstück nicht soviel  Kraft benötigte. Eventuell muss man weichere Blätter ausprobieren, aber weicher als Stärke 2 1/2 mögen die meisten Profi-Saxophonisten nicht gerne. Nun der Vergleich:  das Selmer „ Jazz“ (gleiche Bahnöffnung, gleiche Bahnlänge) spielt sich um Klassen bequemer als das „Super Session“. Es hat einen schlankeren und kernigeren Ton und erzeugt bei gleicher Spielweise eine deutlich höhere Lautstärke. Der Sound: na ja, jetzt weiß ich wieder, warum ich es vor 30 Jahren in die Schublade gelegt habe.  Zum Vergleich auch noch das 1/1000 Zoll weniger offene Otto Link: ultrabequem zu spielen, es strahlt mehr als das „Super Session“, weniger als das Selmer „Jazz“, aber der unvergleichliche Sound……. Im direkten Vergleich sieht das „Super Session“ Tenor – zumindest mit den verwendeten Blattstärken – nicht richtig gut aus.  Vielleicht sollte man noch mal tief in der zweiten Schublade graben, in der mit den Blättern……
 

Mehr Info: www.henri-selmer.info 

 
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Erstveröffentlichung im  " SONIC  Magazin für Holz- & Blechblasinstrumente ".


 
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